Der Feminismus soll die Frauen von der Vorherrschaft der Männer befreien. Von der Unterdrückung durch fehlende Partizipation an der Gesellschaft, fehlende Repräsentation in hoch bezahlten Berufen, von dem Joch des zur Einfältigkeit verdammten Heimweibs, das durch Kind und Küche versklavt, von den Fesseln der Biologie durch Schwangerschaft und Stillen, von der stillen Unterjochung einer patriarchischen deutschen Grammatik und nunmehr von dem hetero-stalinistischen binären Menschenbild.
Dass die größten Befürworter der europäischen Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts Großindustrielle waren, die sich ein Heer von Frauen wünschten, das in staubigen Fabrikhallen ihr Vermögen vermehrte, während die befreiten Mütter, ächzend und mit einem Billiglohn abgespeist, ihre Kinder daheim im Stich ließen und ihre neue Freiheit bejubelten, und dass die Befreiung der Frau im 20. Jahrhundert durch die Befreiung ihres Körpers von jeglicher Bekleidung geprägt war, scheint heute nur noch eine Fußnote wert. Denn dieser Kampf gegen das Geschlechterbild ist gewonnen. Ganz Deutschland bejubelt die neue Gleichheit, die sich als Gleichberechtigung tarnt.
Ganz Deutschland? Nein! Die unbeugsame Natur der Menschen lässt immer noch Familien gedeihen – richtig: weniger und instabiler, aber trotz allem Familien, in denen der Mann die Verantwortung für die Familie trägt, sie schützt und versorgt durch Arbeit und Einsatz, und die Frau das liebevolle und sichere Heim als Schutzraum für Familie und Kinder schafft, ohne den verstörende frühkindliche Traumata leicht die jungen Seelen zuschnürten.
Erzeugt obiger Absatz im Leser das Bild einer verstaubten Familie längst bewältigter Tage, ein schwarz-weißes Foto einer verkrampften patriarchalischen Struktur, in der Mann befiehlt und Frau gehorcht? Die Frau hatte damals genau drei Aufgaben, so heißt es: Kind, Küche und Bett. Ansonsten durfte sie ihre Gedanken und Ideen, sofern denn vorhanden, für sich behalten.
Wem dieses Bild vor Augen erscheint, ist von der Ideologie der Individualisierung befallen, welche unaufhörlich in uns eingetrichtert wird. Ihr Ziel ist die Zerstörung der Familie und die Generierung lauter vereinzelter Menschen, die nicht fähig sind, eine Ehe einzugehen, eine Familie zu gründen und moralische Werte weiterzutragen. Dies sind Werte aller göttlichen Religionen und daher waren diese, vor allem das Christentum, erstes Opfer der Individualisierungsideologie. Dieser Kampf ist in Deutschland längst entschieden, Religionen haben die weiße Flagge gehisst – mit Ausnahme des Islams.
Ja, der Islam vertritt ein Rollenbild von Mann und Frau, das sich trotz aller Anstrengungen nicht dem westlichen Mainstream anpasst: Er stellt die Männer in die erste Reihe der Verantwortung in Gesellschaft und Familie, in Kindererziehung und moralische Führung, die er mit seiner Frau teilen, sie aber nicht auf sie abwälzen darf – und untersagt ihnen gleichsam den Missbrauch der Güter, die Gott ihnen zur Wahrung ihrer Pflicht bereitstellt; gleich ob Gewalt in der Familie, Missachtung seiner Ehefrau oder Kinder, Benachteiligung oder Verwahrlosung.
Der Frau kommt in der Familie die Rolle der anleitenden und erziehenden Liebe unter der Verantwortung des Mannes zu. Sie ist frei von dem Zwang, materielle Versorgung zu erbringen oder sich fremden Männern als Lustobjekt hinzugeben – beides Angriffspunkte des Feminismus –, stattdessen setzt sie ihre aus Gottes Allsein strömende Weiblichkeit im Privatbereich ein, der einer starken und nach wahrhaftigen Werten strebigen neuen Generation gewidmet ist sowie auch dem Aufleben ihrer selbst und ihres Mannes. Das schließt in Arbeit tätige Frauen und Zuhause betreuende Männer nicht aus, präsentiert aber ein Ideal als Leitlinie für die Menschheit.
Und genau so sollten wir selbst das islamische Rollenbild darstellen: offen, eindeutig, ohne Verrenkungen, die von Progressivität und Frauenbefreiung schwafeln, um die Anerkennung von Nichtmuslimen zu erlangen und sich vor dem Vorwurf des stereotypischen, frauenfeindlichen, altbackenen, störrischen, religiös-fanatisch muslimischen Mannes oder der gehirngewaschenen, seit Kindheit indoktrinierten und dümmlichen muslimischen Frau zu schützen. Viel zu oft möchten wir der nichtmuslimischen Gesellschaft und ihren Individualisierungsvertretern gefallen, positionieren uns gar nebulös zum Thema Homosexualität, Geschlechteridentität, Ehe für alle, Transgender und sprachlichen Gendermainstream[1].
Bleibt unser klares Bekenntnis aus, dringt diese Ideologie auch in uns selbst ein, trifft vor allem unsere Jungen. Sie bleiben ohne unseren aktiven Widerstand, der den Tadel des Tadelnden nicht fürchten darf, nicht verschont und manche werden auf der Suche nach ihrer Identität ohne eine klare Führung zwischen metrosexuellen Männerfiguren, sich im Spielfilm prügelnden Mannsweiber-Superhelden und Transgender-Männer-Sternchen vollkommen verwirrt zurückgelassen. Die Abwendung von der damit im Widerspruch stehenden Religion ist die notwendige Folge, da die angebliche Vereinbarkeit, die manche Flaggenträger des liberalen Islams predigen, für niemanden ein Heim ist, bloß ein Tor aus der Religion hinaus.
Selbst ohne diesen schwersten Fall der Abwendung von Gott fügen der Feminismus und seine parallelen Individualisierungsideologien unseren Söhnen schwere Wunden zu: Wenn sie keine Männer sein dürfen, sondern nur Menschen männlichen Geschlechts, wenn die Verantwortung für Frau und Kinder sie übermannt und sie das Weite suchen, wenn sie die finanzielle Versorgung ihrer Familie als ein Übel empfinden und ihrer Ehefrau das Gefühl der Unsicherheit und Unverbindlichkeit geben, wenn sie sich fürchten, ihren Kindern Werte weiterzutragen und alle Verantwortung auf die Mutter übertragen wollen, sich ob der Mauer ihrer Zuständigkeiten vor Gott und Mensch selbstbemitleidend verkriechen, keine Führungspositionen übernehmen können und wollen – dann sitzen unsere Töchter noch mit 35 Jahren in ihrer Single-Wohnung und lamentieren das schlechte Angebot an muslimischen Herren der Schöpfung, die außer körperliche Triebe und identitätsgestörte Ängste nichts mehr antreibt.
Die Erziehung von Jungs zu Männern obliegt offenkundig ihren Vätern, aber auch die Mütter stehen in Verantwortung: Eure Söhne sind keine Töchter mit geistiger Behinderung, die ihre Moral – im Gegensatz zu euren Töchtern – auf der Straße lernen sollten. Orientierungslose Paschas, die der Erziehung von Hollywood und Zeitgeist überlassen werden dürften, während eure Töchter sich höchste Ehre, Schamhaftigkeit und Sittlichkeit aneignen sollten. Keine Söhne, die man in den islamischen Gemeinden links liegen lassen könnte oder die sich gefälligst der weiblichen Führung zu unterwerfen hätten und keine männlichen Vorbilder in den Gemeinden – ohnehin Mangelware – benötigten.
Richtig: Fatima (a.), Tochter des Propheten (s.), und ihre Tochter Zaynab (a.) haben lautstark in vorderster Reihe vor aller Augen ihre Stimme erhoben – als ihre Männer unterdrückt und massakriert wurden und es keinen Mann mehr gab, der dieser Verantwortung gerecht werden konnte. Dies ist die Notlage, in denen unsere heiligen weiblichen Vorbilder nach vorn traten, keinesfalls die Regel.
Bei der Verwirrung unserer Söhne wird es nicht bleiben: die Individualisierung dringt auch in die Herzen unserer Töchter ein, auf dem schon altbekannten Pfad der Gleichberechtigung und Befreiung von Bekleidung. Während dieser Angriff auf die Muslime aber längst offenkundig ist und von gewissenhaften Männern und Frauen aufgenommen wird, verdient die Verkümmerung der Männlichkeit unserer jungen Männer mehr Aufmerksamkeit, als wir ihr bisher zukommen lassen.