Heilig ist Gott. Heilig ist der Geist, mit dem Gott seinen Propheten Jesus (a.) stärkte. Heilig ist das Land von Jerusalem. Heilig sind den Gläubigen ihre Bücher und Riten. Heilig sind allen Menschen das Leben und die Familie. Was ist heilig?

Das deutsche Wort heilig stammt von Heil: Erlösung, Ganzheit, Reinheit, Vollkommenheit. Es übersetzt die semitische Wurzel Q-D-S aus der Bibel, eignet sich ebenso zur Übertragung des quranischen qudus und seiner Ableitungen.

Heilig ist im religiösen Sprachgebrauch alles Göttliche und alles, was den Menschen zum Göttlichen antreibt. Das Gute. Das Gegenteil von heilig ist profan, weltlich. Ein Stein an sich ist niemals heilig. Erst das Zeigen auf das Göttliche heiligt ihn. Alles Heilige besitzt eine jenseitige Dimension, obgleich nicht alles Spirituelle heilig ist. Das Gebet ist heilig, das Beten aus egoistischen Motiven heraus ist es nicht.

Im allgemeinen Sprachgebrauch kann vieles heilig sein: der Mittwochabend mit Freunden, ein Schokoladenpudding oder die Weisheiten von Franz Beckenbauer. Heilig ist in diesem Sinne, was man nicht angreift, nicht infrage stellt.

Bedeutung von Heiligkeiten

Was heilig ist, gründet eine Werteordnung, und Werte sind heilig. Heiliges bietet den Menschen Sicherheit, ein Rückzugsgebiet und Grundfeste. Heiliges wird geehrt, beachtet und respektiert. Besonders Heiliges anderer Religionen. Wer Heiligkeiten angreift, muss mit einer Antwort rechnen. Wer sie entehrt, den erwarten Abscheu und Feindschaft.

Wer die Gesellschaft spalten will, dem sind Heiligkeiten ein Kalkül: Er ersinnt eigene Heiligkeiten und lässt sie gegen religiöse aufmarschieren, vor allem die Freiheit in ihren Varianten der Meinungs-, Kunst- oder Pressefreiheit, deren Heiligkeit von den Spaltern gerühmt wird, wenn sie gegen das Heilige stechen, deren Grenzen aber betont werden, wenn sie sich gegen Unrecht einsetzen, sei es Zionismus oder die Ehe für alle.

Schutz von Heiligkeiten

Heiligkeiten benötigen keinen Schutz, denn sie sind göttlich. Aber Schutz bedarf unser Umgang mit ihnen, damit wir sie nicht verlieren. Nicht jeder darf eine geweihte Moschee betreten, nicht jeder als Schlachter heiliges Tierleben nehmen, nicht jeder heilige Ämter bekleiden.

Insbesondere darf nicht jeder, der abtauchte nach einem Skandal mit drei Ehefrauen, die voneinander nichts wussten und ihren Mann öffentlich zur Rede stellten und ihn verprügelten, der ins Ausland verschwand und nach Rekordzeit mit dem Gelehrtenturban zurückkam, als Gelehrter auftreten und in Facebook unseren Schwestern Ratschläge erteilen.

Auch darf niemand im Namen der Rechtsschule der Ahlulbayt (s.) von seiner Meinung über die Unwichtigkeit des heiligen Jerusalem schwadronieren. Wir alle sind dafür verantwortlich, Angriffe auf Heiligkeiten abzuwehren und geeignete Konsequenzen zu ziehen.

Ist Weihnachten heilig?

Wenn Weihnachten der Feiertag zu Ehren der Geburt Jesu (a.) ist, so ist es heilig für Christen und Muslime. Wenn es ein Konsumfest ist, das die Lehren Jesu (a.) ad absurdum führt, dann ist es nicht nur profan, sondern entehrt die Heiligkeit des Messias.

Ein gemeinsames Fest von Muslimen und Nichtmuslimen zu Ehren Jesu (a.) ist nicht allein religionsrechtlich erlaubt – jegliche Debatte darüber zeugt von Engstirnigkeit und Unkenntnis über unsere Vorbilder –, mehr noch geboten und eine wunderbare Gelegenheit, der Verdrängung des Religiösen in unserer Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.