An diesem Pfingstwochenende 7.–9. Juni 2019 fand die Islamische Tagung deutschsprachiger Muslime im Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) statt, die vom Islamischen Weg e. V. organisiert wurde. Jeder überzeugte Schiit möchte zu den 313 Gefährten des Imam Mahdi (a.) gehören, die gemäß Überlieferungen zum engsten Kreis des erwartenden Imams zählen werden. Wer das nicht schafft, möchte doch wenigstens ein wahrer Gefährte der Gefährten des Imams (a.) sein und während seiner großen Verborgenheit ein wahrer Wartender. Doch wie kann man das erreichen? Diese und weitere Fragen wurden während der Tagung behandelt, die den treffenden Titel trug: „Vorbereitung auf die Rückkehr des Erlösers“.

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Das letzte Mal war ich vor fünf Jahren auf der Islamischen Tagung. Deswegen verspürte ich eine besonders große Vorfreude, die Blaue Moschee an der Alster besuchen zu dürfen. Nach einer achtstündigen Fahrt kam ich mit meinen Freunden am Freitagabend verspätet an. Wir hatten genügend Zeit für die Fahrt eingeplant und haben dennoch (aufgrund mehrerer Staus) die von Yavuz Özoguz moderierte Publikumsdiskussion verpasst. Vor Ort waren schon Geschwister aus ganz Deutschland angereist und ich habe sogar Geschwister kennengelernt, die den weiten Weg aus Österreich und Schweiz auf sich genommen haben, um diese segensreiche Tagung besuchen und von ihr profitieren zu können. Direkt vor jedem Programmpunkt erfolgte eine herzergreifende Quranrezitation des Weltmeisters Hassan Sadeghi.

Im Anschluss hörten wir den Vortrag des Theologiestudenten Muhammad Mehdi Kocadag mit dem Thema „Wer ist der Erlöser und was sind seine Zeichen?“. Die Kernbotschaft des Vortrags war, dass es Zeichen Gottes gibt, die uns auf den rechten Weg hinweisen und uns ermahnen, dass die Zeit der Erscheinung des erwarteten Erlösers (a.) näher rückt. Wir müssen deswegen jetzt aktiv werden, um bereit zu sein!

Nach einer kurzen Nacht und einem kleinen Frühstück begann der zweite Tag für mich mit dem Höhepunkt der Tagung, nämlich dem Vormittag mit Hudschat-ul-Islam Prof. Dr. Muhammad Hadi Mofatteh. Er ist der neue Leiter des IZH seit August letzten Jahres und nahm damit selber zum ersten Mal an dieser Tagung teil. Der Großgelehrte ist Experte in Wilayat-ul-Faqih, dem Prinzip von der Statthalterschaft des Rechtsgelehrten, und studierte neben Islamischer Theologie auch Elektrotechnik. Er leitete schon verschiedene große Institute und Netzwerke im Iran. Zudem ist er Sohn des berühmten Märtyrers Ayatullah Muhammad Mofatteh, der sein Leben für die Islamische Revolution opferte[1].

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Die meisten Teilnehmer hörten zum ersten Mal einen Vortrag von ihm und waren darauf ganz besonders gespannt. Er erklärte, was die Eigenschaften wahrer Wartender sind, welche Verhaltensweisen man erlernen sollte, um ein Gefährte des Erlösers (a.) zu sein und welche Verpflichtungen wir gegenüber unserem Imam (a.) und Allah (swt.) in unserer Zeit haben. Ein wahrer Wartender weiß, dass der Erlöser (a.) jederzeit erscheinen könnte, entsprechend sollte er in jeden Moment seines Lebens darauf vorbereitet sein. Ein wahrer Wartender kennt auch seine Verpflichtungen. Genauso wie Imam Hussain (a.) seinen Botschafter Muslim ibn Aqil nach Kufa schickte, müssen wir erkennen, dass Imam Chamenei (h.) der aktuelle Flaggenträger des Imams (a.) ist und wir ihn daher mindestens unterstützen müssen.

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Aber auch nach seinem Vortrag stand Hudschat-ul-Islam Mofatteh den Teilnehmern Rede und Antwort. Dabei stellten einige auch Fragen zum Manifest über die zweite Phase der Islamischen Revolution von Imam Chamenei (h.)[2] oder was Hudschat-ul-Islam Mofatteh persönlich tue, um die schiitischen Gemeinden in Deutschland zu stärken.

Nach dem Mittagsgebet und einem Mittagessen ging es gleich weiter mit den Workshops. Davon gab es mehrere mit unterschiedlichen Themen, sodass für jeden etwas Interessantes dabei war:

  • Kindererziehung der Hoffnung
  • Paradiesische Ehe eines Ehemannes – nur für Männer
  • Paradiesische Ehe einer Ehefrau – nur für Frauen
  • Dialog mit Nichtmuslimen
  • Erlösergedanken im Alltag umsetzen
  • Diskussion mit Atheisten
  • Quranlesen mit einem Weltmeister


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Mich haben mehrere Themen angesprochen, deswegen fiel mir die Entscheidung schwer. Ich habe mich letztlich für den Workshop „Diskussion mit Atheisten“ entschieden, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der die meisten Menschen Atheisten sind und diese einen mit verschiedenen Fragen konfrontieren. Ich finde es deswegen wichtig, dass wir Muslime eine gute, logische und überzeugende Argumentation für unseren Glauben besitzen. Der Workshop offenbarte dem einen oder anderen die Schwäche seiner bisherigen Antworten und zeigte auf, wie man durch Übung seine Argumentation verbessern konnte.

Aber wir Teilnehmer konnten uns nicht nur spirituell und geistig weiterentwickeln, sondern hatten zwischen den einzelnen Programmpunkten genügend Zeit, um mit Freunden zu reden, die man nicht so oft sehen kann, alte Kontakte aufzufrischen oder neue Menschen kennenzulernen.

Parallel zum Hauptprogramm konnten die Kinder und Jugendlichen in Jugendgruppen an einem speziell für sie ausgerichteten Programm teilnehmen und dort auf Gleichaltrige und Gleichgesinnte treffen, miteinander Spaß haben, aber auch sich islamisches Wissen über Imam Mahdi (a.) aneignen. Die Jugendlichen setzten sich unter anderem damit auseinander, wie man als Muslime auf Behauptungen von Politikern, z. B. über Islam und Terror, reagieren kann oder wie sie auf Fragen zum Kopftuch adäquat antworten können.

Am Abend fand ein Überraschungsabend für alle Jugendlichen und sonstigen Teilnehmer der Tagung statt. Eine Gruppe führte unterhaltsame Sketche vor, die trotz des Humors einen tieferen Sinn und Bedeutung hatten, der nach meinem Empfinden auch nicht verloren ging. Im Anschluss folgte ein Gewinnspiel, bei dem die Teilnehmer ihr Wissen auf die Probe stellen und am Ende einen Preis gewinnen konnten. Der Überraschungsabend endete mit einer sehr emotionalen Videopremiere des islamischen Videokanals Muslim TV.

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Aber nicht für alle war damit das Programm für den Tag beendet. Viele Kinder und Jugendliche nahmen an der Spirituellen Nacht mit Bruder Yavuz teil und opferten dafür gerne mindestens zwei Stunden ihres Schlafes. Dies hat sich gelohnt, weil es eine Möglichkeit bot, Allah (swt.) näher zu kommen und das eigene Verhalten und die Moral zu überdenken.

Nach einer abermals kurzen Nacht begann der letzte Tag der Islamischen Tagung mit einem Vortrag von Bruder Ahmad Abbas. Er rief jeden Einzelnen dazu auf, nicht nur die Ungerechtigkeit auf der Welt zu betrauen, sondern auch die Ungerechtigkeit in seinem Umfeld oder jene, die man selber begeht, zu erkennen. Er fragte, wie wir ein wahrer Anhänger des Imams (a.) werden wollen, wenn wir z. B. unser Essen auf der Tagung nicht aufessen können und damit ungerecht gegenüber dem Koch und undankbar gegenüber Allah (swt.) sind? Zudem rief er dazu auf, dass sich jeder mehr in den Gemeinden engagieren sollte, unabhängig davon, ob unser Handeln groß oder klein ist, denn Gott sagt im Heiligen Quran: „Und sprich: Handelt doch. Gott wird euer Tun sehen und auch sein Gesandter und die Gläubigen“ (Quran 9:105).

Ein weiteres Highlight der Tagung war insbesondere für viele Eltern die Vorführung der Ergebnisse der Kinder- und Jugendgruppen. Die Kleinsten präsentierten das, was sie gemalt und gebastelt hatten, die Jüngeren sangen ein islamisches Lied und die Älteren zeigten ihr schauspielerisches Talent in lustigen Sketchen.

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Die Tagung endete mit einem inspirierenden Abschlussvortrag von Bruder Yavuz mit dem Thema „Auch die Seele wartet“. Mit vielen neuen Ideen und Anregungen, die man in seinem Leben und Alltag umsetzen möchte, verabschiedeten sich die Teilnehmer voneinander. Gestärkt durch das Mittagessen und Mittagsgebet verließen sie die schöne Moschee an der Alster mit der Hoffnung, auch im nächsten Jahr die Islamische Tagung wieder besuchen zu dürfen.

Inschallah hat die Tagung einen Beitrag dazu geleistet, nach der Empfehlung Imam Chameneis (h.) die Jugend auf die Ära von Imam Mahdi (a.) vorzubereiten.[3] Daher geht ein besonders großes Lob an die Organisatoren des Islamischen Weg e. V., die alles dafür getan haben, dass der Besuch der Tagung zu einem tollen Erlebnis wurde.

Unser Nachwuchsautor Muhsin Abboud ist Student und lebt im Großraum Frankfurt.

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  1. http://www.eslam.de/begriffe/m/mofatteh_muhammad_hadi.htm ↩︎

  2. https://offenkundiges.de/imam-chameneis-strategieschreiben-fur-die-zweite-phase-der-islamischen-revolution/ ↩︎

  3. http://english.khamenei.ir/news/3828/Dear-youth-prepare-yourselves-for-the-era-of-Imam-Mahdi-Ayatollah ↩︎