Scrollen, klicken, überfliegen, lachen, weiterscrollen, liken und teilen, wieder lachen. Oh, ein lustiges Video im Chat, Daumen hoch.
Kennt ihr die Handy-Trance? Ihre Opfer springen von einem Häppchen zum nächsten, immer auf der Suche nach einem Kick, nach Kurzweil und Zerstreuung. Ein Clip über lustige Babys? Immer her damit! Schräge Katzenvideos? Bitte mehr davon! Wenn man in jeder Situation nach Neuigkeiten in Facebook oder Chats giert, ob während eines Vortrags oder einer Unterhaltung mit seinem Ehepartner, dann hat man die höheren Stufen der Trance erreicht.
Wir erwachten Muslime stehen über diesen Zombies. Wir verschwenden unsere Zeit nicht, sondern bemühen uns auf dem Wege Gottes, um in den sozialen Netzwerken die Wahrheit zu unterstützen. Wir liken wertvolle Videos von Gelehrten, teilen Texte gegen den Zionismus, halten Kontakt zu unseren aktiven Geschwistern. Wir wissen, was wir tun. Wirklich?
Soziale Netzwerke leben von der Sucht des Autors nach Anerkennung, nach Reichweite, Lob und Tadel, Aufmerksamkeit. Und von der Sucht des Publikums nach Zerstreuung. Die meisten aktiven Muslime bilden keine Ausnahme, sie betrügen sich nur selbst. Ichlas – die Aufrichtigkeit gegenüber Gott – ist selten.
Ein kurzer Selbsttest: Was trifft auf dich zu?
- Du freust dich über eine große Reichweite deiner Veröffentlichungen und bist enttäuscht, wenn sie niemanden interessieren.
- Du prüfst in kurzen Abständen, ob es neue Reaktionen gibt.
- Du kommentierst regelmäßig Tagesgeschehen, obwohl du nichts besonderes mitzuteilen hast.
- Weil du nicht weißt, was du schreiben sollst, schreibst du etwas, was keiner versteht, auch du nicht. Aber irgendwer wird schon beeindruckt sein.
- Du likest und teilst Texte und Links, die du nicht gelesen hast – das wirst du bestimmt später nachholen.
- Du liest und schaust nicht – du konsumierst. Ist ein Text zu lang, kommentierst du höchstens „tl;dr“ (too long, don’t read – zu lang, lese (ich) nicht).
- Wenn es im Kommentarbereich hoch hergeht, verteidigst du die Wahrheit wie ein Berserker, auch wenn du weder Wissen noch Erfahrung besitzt.
- Du glaubst, dass deine vergeudeten Facebook-Stunden einer islamischen Aktivität gedient und die sinnlosen Videos dich vorangebracht hätten.
- Du meinst, die Punkte dieser Liste träfen auf dich nicht zu, obwohl die Leute um dich herum anderer Meinung sind.
Es gibt drei Ebenen der islamischen Aktivitäten und soziale Medien gehören zweifellos dazu. Aber Liken und Teilen allein ist keine islamische Aktivität! Man soll sich engagieren, und es ist wichtig, im weichen Krieg Inhalte zu verbreiten. Aber wir müssen uns auf den Ichlas zurückbesinnen: Wir tun es nicht für das Publikum, für die Statistiken, für unser Ego, nicht mal für den Erfolg, sondern nur für Allah; für das Wachsen der eigenen Seele. Wenn wir diesen Maßstab an unseren Umgang im Netz anlegen, wenn wir uns nur dafür entscheiden, was uns wirklich nützt, werden wir nicht nur effektiver, sondern sparen auch viel Zeit. Ichlas ist keine Kleinigkeit, sondern ein gewaltiger Leitsatz, wie Scheich Abdulghani in diesem wunderbaren Video erläutert.
Er ist der Lebendige. Es gibt keinen Gott außer Ihm. So ruft zu Ihm, indem ihr Ihm gegenüber Aufrichtige [muchlissien] in der Religion seid. Lob sei Gott, dem Herrn der Welten! (40:65)
Wer es vermag, Ichlas zu seinem Maßstab und Antrieb zu erheben, nicht bloß zu einer unangenehmen Verpflichtung, der kann erreichen, wovon der Egogetriebene nichtmal zu träumen wagt.