Der Staat darf in Deutschland gemäß Grundgesetz zum Wohle der Allgemeinheit enteignen. Der konkrete Fall muss aber auf ein Gesetz gründen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Anders sieht es mit der Konfiszierung aus. Begeht jemand eine Straftat, kann der Staat gemäß Strafgesetzbuch dem Straftäter die Tatmittel in dem Fall ersatzlos entziehen, statt den Täter zu entschädigen. Ebenso kann das entzogen werden, was der Delinquent durch die Tat ergaunert hat.
Enteignet Springer?
Vor ziemlich genau einem halben Jahrhundert forderte eine starke, vor allem von Studenten in der Bundesrepublik und in West-Berlin getragene Bewegung, „Enteignet Springer!“. Wieso taten sie das, und wie zeitgemäß ist diese Forderung heute?
In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts galten der Axel-Springer-Verlag und seine Zeitungen als publizistischer Meinungsführer (was er bis heute ist). Als solcher geriet er ab 1966 in das Visier studentischer Medienkritik. Die Kritiker prangerten anfangs eine aus ihrer Sicht zu große staatliche Nähe des Konzerns an. Die Medienkritik wandelte sich schon wenig später zu einem regelrechten Schlagabtausch.
Als am 2. Juni 1967 bei Demonstrationen gegen den iranischen Diktator Pahlavi der Student Benno Ohnesorg von der Berliner Polizei erschossen wurde, eskalierte der Konflikt zwischen dem Medienimperium und der Studentenschaft. Die Proteste der Studentenbewegung gewannen deutschlandweit an Dynamik. Die Zeitungen des Springer-Verlags griffen die Protestierenden indessen immer stärker und heftiger medial an. Springer nannte die Protestbewegung wahlweise „Linksmob“, „Rote Garde“ sowie „Politgammler“ und skandierte in seinen Publikationen Parolen wie „Stoppt den Terror der Jung-Roten jetzt!“, „Jetzt wird aufgeräumt!“ sowie „Unruhestifter unter Studenten ausmerzen“. Die Studenten betrachteten diese und viele weitere Angriffe als einen Missbrauch der Pressefreiheit zum Zwecke der Volksverhetzung. Da die aggressiven Schlagzeilen vor allem die Arbeiterklasse mit niedrigem Bildungsstand erreichen sollten, befürchteten die Studentenorganisationen, dass diese gegen sie aufgestachelt würden. Die Befürchtung bestätigte sich, als etwa ein Jahr nach dem Mord an Ohnesorg der charismatische Führer der Studentenbewegung Rudi Dutschke von einem Bild-Leser niedergeschossen und zum Pflegefall wurde – und schließlich an den Folgen des Attentats starb.
Zentrale Forderung der Studentenschaft, die Dutschke selbst im Interview mit der Wochenzeitschrift Der Spiegel publik machte, war die Enteignung des Springer-Verlags. Ein an der Freien Universität Berlin gegründetes „Springer Tribunal“ spitzte die Forderungen zu: „Reden wir davon, welche Verbrechen an der Gesellschaft die Springer-Presse begeht, und warum Springer, den wir ja nicht eigentlich aufhängen, noch nicht einmal ins Gefängnis stecken, den wir ja nur in irgendeinem produktiven Beruf, beispielsweise als Herrenschneider, beschäftigt sehen möchten, warum Springer enteignet werden muss.“
Die Enteignungskampagne konnte viele Intellektuelle für sich mobilisieren, scheiterte jedoch letztlich, wie so viele revolutionäre Bewegungen daran, dass sich die Bewegung in viele kleine, teils konkurrierende Gruppen, aufteilte.
Wie ist die Lage heute? Besteht überhaupt ein rechtssicherer Anlass für eine Enteignung Springers oder gar der Konfiszierung der Schreibgeräte des Springer-Verlags?
Das ist für einen Nicht-Juristen schwierig zu beantworten. Grundlage für eine Aburteilung wäre vermutlich §130 Strafgesetzbuch. Aus moralischer Sicht liegt die Antwort dagegen auf der Hand. Fakt ist, dass der Verlag, allen voran sein Flaggschiff Bild, heute mehr als damals Menschen gegeneinander aufhetzt. Deutsche hetzen sie gegen Griechen oder Türken auf, während Medien des Springer-Verlags in der Türkei und anderen Ländern gegen Deutsche aufhetzen. Der lachende Dritte ist nicht schwer zu ermitteln und ist daran zu erkennen, dass er viel Geld im internationalen Verkauf von Zeitungen scheffelt.
Die Höchststrafe im deutschen Pressewesen ist die Rüge des Presserats. Eine Rüge des Presserats, den die Medien zur Vermeidung eines Bundespressegesetzes als „freiwillige Selbstkontrolle“ entworfen hatten, zieht keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Dennoch oder gerade deshalb führt Springers Bild seit Jahrzehnten mit großem Abstand in der Tabelle der meistgerügten Zeitungen. Oft, weil sie Opferbilder ungefragt von Facebook- oder Instagram-Profilen stiehlt und ohne Rücksicht auf die Angehörigen deutschlandweit auf ihre Titelblätter druckt, aber auch, weil sie den Ruf vermeintlicher Täter auch bei Unschuld noch vor einem Richterspruch oder gar einer Gerichtsverhandlung vernichtet.
Und dann gibt es noch die politisch motivierten Angriffe. Wen die Springer-Presse attackiert, entscheidet sich anhand ihrer Unternehmensgrundsätze. Jeder Mitarbeiter des Konzerns verpflichtet sich über diese in seinem Arbeitsvertrag zum Schutze des Apartheidstaats Israel sowie zur Solidarität mit den USA. Der Solidarität mit Deutschland ist kein Paragraph gewidmet. Vorsichtig ausgedrückt, ist der Dienst an ausländischen Staaten in der deutschen Presse außergewöhnlich. Der Dienst hindert Springer nicht daran, islamischen Verbänden zu unterstellen, sie seien an die Interessen ausländischer Mächte gebunden.
Diese Grundsätze drängen die Springer-Autoren zu ebenso außergewöhnlichen Methoden und führen sie auf Wege außerhalb der journalistischen Berufung. Sie greifen an, wer sich effektiv gegen die zionistische Besatzung Palästinas oder gegen die imperialistische Politik der USA wehrt. Dabei verfahren sie ähnlich wie die Journalisten des zionistischen Gebildes selbst: So rufen Bild-Redakteure Arbeitgeber der Aktivisten an oder schreiben deren Kunden Droh-Emails. Weiß der Arbeitgeber, dass er einen angeblichen „Terrorunterstützer“ oder „Antisemiten“ beschäftigt, der gegen „Israel“ hetzt? Wissen die Kunden, dass sie die Dienstleistungen von vermeintlichen „Islamisten“ in Anspruch nehmen?
Der Springer-Journalist hetzt, noch bevor er einen Artikel über den Aktivisten geschrieben hat, und zwar mit der blanken Drohung, diesen zu verfassen und dabei den Geschäftspartner oder Arbeitgeber in ein schlechtes Licht zu rücken. Ziel ist nicht die Aufklärung der Öffentlichkeit – sonst würden die Artikel ja einfach veröffentlicht – sondern der Angriffskrieg gegen den Widerstand. Der Pressekodex verbietet indessen nachrichtendienstliche Tätigkeiten sowie solche, „die die Glaubwürdigkeit der Presse in Frage stellen könnten“. Springers Journalisten treten also mit entsprechend großer Angriffsfläche auf ihr Schlachtfeld.
Enteignet Springer!
Auch wenn es in weiter Ferne zu liegen scheint, halte ich die Enteignung des Springer-Verlags oder die Konfiszierung seiner Tatmittel für möglich. So wie viele bis vor Kurzem oder sogar noch heute das Ende des Apartheidgebildes Israel für nicht möglich hielten oder halten, kann im Zuge dessen auch das mediale Imperium im Dienste der Apartheid fallen. Eine rechtliche Grundlage dafür scheint es zu geben. Aber es muss gar nicht zu einem Richterspruch kommen. Die Macht des Springer-Konzerns steht und fällt mit der Leserzahl seiner Medien. Und deshalb haben die Menschen in Deutschlands es selbst in der Hand, den einzigen Medienkonzern im offiziellen Dienste von israelischer Apartheid und amerikanischen Imperialismus zu enteignen und finanziell auszutrocknen. Der Weg ist so einfach wie effektiv: Alle, die deren Medien kaufen, unterlassen es einfach und all jene, die ohnehin keine Springer-Presse kaufen, klären andere über die Verwerflichkeit des Konzerns auf.
Anhang: Auswahl an Medien mit Beteiligungen des Springer-Konzerns in Deutschland
Zeitungen und Zeitschriften
Bild
B.Z.
Computer Bild
Die Welt (inkl. Die Welt Kompakt)
Sport Bild
Webseiten und Online-Portale:
Autohaus24.de
Business Insider
Finanzen.net
Idealo
Immonet
Immowelt Holding AG
Kaufda
Meinestadt.de
Ozy.com
Stepstone.de
Transfermarkt.de
Visual Meta
Doğan TV A.Ş. (Türkischer Verlag, der Fernsehsender betreibt und auch die türkische Bildzeitung Hürriyet herausgibt)
Fernseh- und Radiosender
Welt (ehemals N24)
Antenne Bayern
Radio FFH
Radio ffn
Radio Hamburg